Anspruch hochgradig sehbehinderter Versicherter gegen die gesetzliche Krankenkasse auf einen Screenreader

Ein hochgradig sehbehinderter Versicherter der gesetzlichen Krankenkasse kann im Rahmen der Hilfsmittelversorgung einen Anspruch auf einen sog.

Screenreader (Bildschirmvorleseprogramm) haben, wenn die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.
Ist ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen, gehört auch der mittelbare Behinderungsausgleich (Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion ist nicht oder nicht ausreichend möglich) in die Leistungspflicht des Versicherers.
Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion geleitet.

Eine Screenreader-Software ist im Rahmen des mittelbaren Beginderungsausgleichs dem allgemeinen Grundbedürfnis eines Menschen zuzuordnen. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören u.a das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme und deren Ausscheiden sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört u.a die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen Menschen. Dieses Grundbedürfnis ist nicht nur in einem eingeschränkten Sinne auszugleichen.
 
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil LSG BW L 11 KR 3089 09 vom 24.08.2010
Normen: SGB V §§ 12, 27, 33, 34
[bns]