Grober Behandlungsfehler auch bei der Verletzung elementarer medizinischer Grundregeln

Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen wurde und ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich ist, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Ein grober Behandlungsfehler ist nicht nur dann anzunehmen, wenn gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen wurde, die Eingang in Leitlinien, Richtlinien oder andere ausdrückliche Handlungsanweisungen gefunden haben. Vielmehr kann ein grober Behandlungsfehler auch angenommen werden, wenn gegen elementare medizinische Grundregeln verstoßen wurde, die im jeweiligen Fachgebiet vorausgesetzt werden.

In dem entschiedenen Fall kam es bei einer Patientin nach einer Mandeloperation zu schweren Nachblutungen. In der darauf folgenden Notoperation zur Blutungsstillung wurde die Narkose eingeleitet, ohne Sicherstellung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung der Patientin.
Die Geschädigte leidet seitdem infolge einer Sauerstoffunterversorgung während der Notoperation an schweren neurologischen Defiziten, einer Hirnschädigung, epileptischen Anfällen und ist als Patientin der Pflegestufe 3 anerkannt.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VI ZR 55 09 vom 20.09.2011
Normen: BGB §§ 280 I, 823 I; ZPO § 286
[bns]